Ich schlage meine Augen auf und brauche erst einmal ein paar Sekunden, um zu wissen, wo ich bin. In den letzten Monaten habe ich so oft meinen Wohnort gewechselt, dass ich kaum Zeit hatte, mich an ein Bett zu gewöhnen.
London, Cornwall, Liverpool, Runcorn, München, Berlin, Dortmund, Hannover … Und überall ticken die Uhren anders.
Ich richte mich auf, reibe mir die Augen und sehe mich im Zimmer um. Fotos an den Wänden, Souvenirs auf der Kommode, Bücher in den Regalen. Dinge, die viel über den Menschen aussagen, der in diesem Zimmer wohnt. Dinge, die zeigen, was ihm wichtig ist, wofür er sich interessiert und wo er schon überall gewesen ist.
Und nichts davon gehört mir. Weil es nicht mein Zimmer ist. Mein Zimmer gibt es nicht mehr. Alles was ich besitze befindet sich in fünf Umzugskartons im Dachboden meiner Mutter. Und der Rest ist in dem kleinen Koffer, der mir gegenüber auf dem Boden liegt.
Ich stehe auf und lasse meinen Blick über die Fotos gleiten, die an der Wand hängen. Erinnerungen aus vergangenen Tagen. Fröhliche Gesichter, Sonne und Freunde. Manchmal vermisse ich einen Ort, an dem ich all meine Erinnerungen aufhängen kann. Einen Ort, der zeigt, was mirwichtig ist, wofür ich mich interessiere und wo ich schon überall gewesen bin.
Aber dann fällt mir wieder ein, dass ich diese Erinnerungen gerade schaffe, die sonst nur an meiner Wand hängen würden. Und das tröstet mich, denn ich weiß wieder, warum ich das hier mache. Warum ich mich dafür entschieden habe, eine Zeit lang ohne feste Wohnung zu leben.
Ich bin nirgendwo daheim, aber überall zu Hause. Ich bin frei, weil es keinen Ort gibt, der mich bindet. Laufe ich vor etwas davon? Vielleicht. Manche würden das behaupten.
Aber irgendwann werde ich schon ankommen. Und bis dahin will ich weiterhin vergessen, welcher Tag gerade ist und an fremden Orten aufwachen, die in ein paar Tagen schon wieder ganz vertraut sein werden.
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Marina ♥