Marina-Paunovic-Autorin-Blog-35

Wenn Sonnenstrahlen leichter werden. Wenn es abends kühler wird. Wenn der Boden morgens feucht ist. Wenn der Wind ein wenig anzieht. Wenn Bäume sich von ihren Blättern trennen, weil es an der Zeit ist loszulassen. Wenn die Welt sich langsam färbt.

Ich laufe durch die Straßen, es raschelt unter meinen Fußsohlen. Der Herbst hat seine Ankunft bereits verraten. Er hat den Sommer ganz sanft zur Seite genommen, ihn in den Winterschlaf gewogen. Seine Zeit war gekommen, seine Arbeit war getan. Nun riecht die Luft anders, als noch vor ein paar Tagen. Man kann spüren, dass der Wind sich dreht. Man kann fühlen, dass Veränderungen bevorstehen.

Der Sommer war lang dieses Jahr. Es fällt mir nicht leicht, ihn gehen zu lassen. Es fällt mir nicht leicht, mich von der Sonne zu verabschieden. Vor allem, weil sie dieses Jahr ganz besonders süß zu uns war. Und weil mit ihrem Verschwinden auch all die schönen Erinnerungen an einen wundervollen Sommer ein wenig blasser werden.

Der Wind streift durch meine Haare. Er fordert Veränderung. Er fordert etwas Neues. Die Bäume gehorchen ihm und lassen ihre Hüllen fallen. Sie halten nicht länger an alten Blättern fest. Sie sind dazu bereit sich von ihnen zu trennen, auch wenn sie dafür einen ganzen winterlang nackt in der Kälte frieren müssen. Ein hoher Preis.

Aber noch höher wäre der Preis, es nicht zu tun.

Der Geruch von Wandel liegt in der Luft. Und anstatt sich dagegen zu wehren, lässt die Natur es zu. Sie vertraut dem Laufe des Lebens. Sie vertraut sich selbst. Sie opfert ihre Schönheit, ihre Fülle, ihre Ressourcen, um sich im Frühling wieder neu erfinden zu können. Sie weiß, dass Blumen nicht das ganze Jahr über blühen können. Und dass sie das auch gar nicht müssen.

Die Natur versteht etwas, dass wir selber oft vergessen. Nämlich, dass auch wir Menschen zu ihr gehören. Dass es auch in unserem Leben diesen Zyklus gibt. Zeiten, in denen wir aufblühen. Zeiten, in denen wir wachsen. Zeiten, in denen wir loslassen müssen. Und Zeiten, in denen wir frieren.

Und würden wir dem Leben nur ein bisschen mehr vertrauen, dann wüssten wir ganz sicher, dass nach jeder dunklen Zeit wieder eine helle folgt.Nach jedem Sonnenuntergang ein Sonnenaufgang. Auch wenn die Nacht immer am dunkelsten ist, kurz bevor die Sonne aufgeht.

Ich bleibe stehen und betrachte die Landschaft. Tote Blätter liegen auf dem dreckigen Boden. Die Äste der Bäume sind stellenweise nackt und kahl. Ein wenig trostlos.Doch ein Sonnenstrahl fällt durch die Wolken und taucht die Bäume in ein sanftes goldenes Licht. Die verschiedenen Farben der Blätter glänzen in der kalten Herbstsonne und verwandeln die Landschaft in eine atemberaubende Kulisse.

Tod und Schönheit vereint. 

Schönheit ist überall. Und wenn ich mich nicht dagegen wehre, dann kann ich sie auch überall sehen. In toten Blättern und in bunten. Im Festhalten und im Loslassen. Im Wandel und in der Konstante. In der Veränderung und im Altbewährten. In dunklen Zeiten und in hellen.

In dir und auch in mir. In all unseren verschiedenen Seiten.

In all unseren Jahreszeiten. 

 

***

Marina  ♥