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„Guten Abend, hier spricht ihr Flugkapitän. Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir heute nicht mehr in München landen dürfen. Der Flughafen hat vor zwölf Minuten geschlossen und da wir eine Verspätung hatten, müssen wir nun leider bis nach Wien fliegen, weil wir nur dort noch landen dürfen. Wir bitten vielmals um Entschuldigung. Weitere Informationen erhalten Sie, sobald wir gelandet sind.“

Ein Raunen geht durchs Flugzeug. Die Leute werden unruhig. Einige stehen auf und laufen nach hinten, um mit dem Personal zu sprechen. Ich lehne mich zurück in meinen Sessel und muss irgendwie grinsen. Total bescheuert, aber die Situation ist einfach zu komisch. Als würde das Leben nicht wollen, dass ich zurück in die Heimat fliege.Als würde es wollen, dass ich gleich wieder weiterreise. Mal wieder spiegelt mir mein Leben das, was ich innerlich fühle. Das ist spannend.

Eine weitere Durchsage folgt und wir erhalten die Information, dass wir entweder in einem Hotel in Wien untergebracht werden, oder mit einem Bus direkt weiter nach München fahren. Ich bin müde. Habe einige erlebnisreiche Wochen hinter mir und die Warterei auf den verspätete Flieger am vollen Londoner Flughafen war auch nich gerade entspannend. Aber irgendwie finde ich die Situation trotzdem lustig. Und zu meinem Erstaunen geht es einigen anderen Passagieren genauso. Richtig wütend ist keiner. Vielleicht ein bisschen genervt. Aber generell ist die Stimmung eher entspannt.Das erstaunt mich.

Als wir dann endlich landen bekommen wir die Information, dass wir jetzt direkt mit Bussen nach München gefahren werden. Es ist inzwischen 1 Uhr nachts. Also mal wieder eine Nacht im Bus.

So fing meine zweiwöchige Rückkehr in die Heimat an. Und sie passte sehr gut zu meinen Gefühlen. Denn einerseits freute ich mich darauf in den zwei Wochen endlich mal wieder ein bisschen Ruhe einkehren zu lassen und Freunde und Familie wiederzusehen. Aber andererseits wollte ich auch schon wieder weiterziehen, kaum hatte ich Münchner Boden betreten.

Irgendwie war diese Stadt für mich zu klein geworden. Zu berechenbar. Zu vertraut. Und irgendwie bin ich rastlos.

Du holst dir eben gerade deine Freiheit zurück„, sagte sie, als wir uns in einem Café über den Dächern von München trafen und ich ihr von meiner Rastlosigkeit erzählte und davon, dass ich mich oft eingeengt fühle. Von Städten, aber auch von Menschen.

Aber ich war doch nie eingesperrt, ich war schon immer frei. Und ich war immer viel unterwegs und unter Leuten„, antwortete ich ihr und zuckte dabei mit den Schultern.

Aber vielleicht hast du dich nicht frei gefühlt. Unterbewusst warst du vielleicht eingesperrt.

Vielleicht hatte sie recht. Freiheit beginnt ja schließlich im Kopf. Und vielleicht hatten mich meine Gedanken in den letzen Jahren tatsächlich eingesperrt. Vielleicht hatte ich mir in meinem Kopf mein eigenes Gefängnis geschaffen. Und daraus bin ich nun ausgebrochen. 

Und trotzdem fühle ich mich oft noch eingeengt. Stoße manchmal Menschen genau aus diesem Grund von mir weg. Kann deshalb nicht lange an einem Ort bleiben. 

Ich blicke über die Dächer von München und versuche die Stadt zu fühlen.Ich fühle sie anders als früher. Habe durch meine Abwesenheit mehr Abstand gewonnen. Kann sie mehr schätzen. Sehe sie mit anderen Augen. Entdecke immer wieder Neues, weil ich sie nicht mehr für selbstverständlich nehme. Laufe planlos durch die Gegend, verliere mich absichtlich in den Gassen. Und auch wenn ich hier gerade nicht länger sein will, als für einen kurzen Zwischenstop, bin ich dankbar

Ich bin dankbar, immer wieder an diesen Ort zurückkommen zu können. Ich bin dankbar, für all das, was ich in dieser Stadt erlebt habe. Für all die Menschen, die mich hier immer wieder mit offenen Armen empfangen. Vielleicht fühle ich mich hier gerade eingeengt. Aber das hat nur etwas mit meinem Kopf zu tun. Neue Orte bedeuten nicht automatisch Freiheit. Freiheit schenken wir uns selbst. Egal wo wir sind. Freiheit bedeutet für mich, Verantwortung über mein Leben zu übernehmen und es nach meinen eigenen Wünschen zu gestalten. 

Ja, Freiheit bedeutet für mich gerade vor allem viel unterwegs zu sein. Aber auch, irgendwann anzukommen. Denn egal wie frei ich sein will, sehne ich mich trotzdem auch nach Geborgenheit und Sicherheit. Und irgendwann habe ich gemerkt, dass Freiheit gar nicht so viel mit Orten zu tun hat. Auch nicht damit, möglichst viel unterwegs zu sein. Es hat viel mehr mit meinen Gedanken zu tun. Und ich habe die Freiheit, mich jeden Tag aufs Neue zu entscheiden, ob ich mich heute frei fühlen will, oder nicht

 

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Marina  ♥